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2011 wird das Jahr der übertroffenen Erwartungen

Rocco Damm, GF der Damm|Rumpf|Hering Vermögensverwaltung GmbH, Dresden und Folker Hellmeyer, Chefvolkswirt der Bremer Landesbank über die Aussichten im Börsenjahr 2011.

Frage: Finanznachrichten fallen derzeit so spektakulär aus wie schon lange nicht mehr. Vom Währungskrieg ist die Rede und vom Ende des Euros. Der Krise in Griechenland ist die in Irland gefolgt. Müssen wir uns noch wärmer anziehen?
Rocco Damm: Ich finde, wir sollten vor allem wahrnehmen, dass Deutschland, Europa und die Welt so dynamisch wie lange nicht mehr wachsen. Statt den Blick immer nur auf die Risiken zu lenken, sollten wir die beträchtlichen Chancen ins Auge fassen. Sehen Sie sich einmal an, wie sich die Aktienmärkte in den letzten zwei Jahren trotz des immerwährenden Krisengeredes entwickelt haben. Viele Anleihen haben exorbitante Erträge gebracht. Rohstoffinvestments haben sich prächtig entwickelt.

Frage: Gehen denn 2011 keine Gefahren etwa von Irland, von Portugal oder von Spanien aus?
Folker Hellmeyer: Entscheidend ist doch: Scheitern ist keine Option. Sie dürfen sich darauf verlassen, dass die Realwirtschaft geschützt werden wird. Der Euro wird über das Jahr 2011 hinaus Bestand haben, denn die Politik hat bislang in der Bewältigung der Krise der Euroländer einen perfekten Job gemacht. Wir haben Strukturreformen in den Ländern angeschoben wie es sie seit dem Kriegsende nicht gegeben hat. Und die Europäische Zentralbank fährt eine überaus vernünftige Politik. Sie lässt keine Inflation zu und wird 2011 die Zinsen wieder anheben.

Frage: Wenn die Zinsen steigen, werden die Kredite der Schuldenländer ja noch teurer. Warum sind Sie trotzdem optimistisch?
Hellmeyer: Weil unsere Zahlen heute eindeutig ausweisen, dass die Wahrscheinlichkeit für eine weiter anziehende Weltkonjunktur sehr hoch ist. Nehmen Sie den so genannten Lagerzyklus. 80 Prozent aller Läger sind immer noch halbleer, müssen bald gefüllt werden. Das schafft Nachfrage und Einkommen. Anderes Beispiel: In vielen Ländern ist der Schub durch notwendige Investitionen, die Unternehmen nicht mehr lange aufschieben können, noch lange nicht erfolgt. Diese beiden Wachstumsgaranten – Lager- und Investitionszyklus – sorgen noch lange für wirtschaftliche Dynamik auch in den kriselnden Euroländern. Das erhöht deren Steuern und mindert deren Schuldenlast. Das wiederum senkt die Risikoaufschläge stärker als umgekehrt die Zinsen durch die EZB steigen. Deswegen rechne ich trotz höherer EZB-Zinsen mit weniger Belastungen auch in den Eurokrisenländern.

Frage: Bleiben die USA die Lokomotive der Weltkonjunktur?
Damm: Ich sehe an deren Stelle eher eine Gruppe von Ländern, denen man dass noch vor fünf Jahren nicht zugetraut hätte. China gehört mit Wachstumsraten von über zehn Prozent dazu. Viele andere asiatische Staaten sind dabei, Brasilien überrascht uns, auch Tschechien. Mit dem Wohlstand in diesen Ländern werden überigens viele Themen ein neues Potenzial gewinnen, an die man nicht unbedingt sofort denkt. Das Thema saubere Energie etwa dürfte aus unserer Sicht gepusht werden. Wir empfehlen da Top-Investments wie den Clean Energy Fonds der Schweizer Privatbank Pictet.

Frage: Wie sieht es denn mit der alten Lokomotive, den USA, aus?
Hellmeyer: Für 2011 bin ich selbst für die USA optimistisch, weil die kosmetische Politik Obamas und die Liquiditätsschwemme der US-Notenbank vorübergehend wirken. Grundsätzlich müssen die USA und übrigens auch Japan aber endlich einmal ihre strukturellen Probleme, vor allem die der schwindenden industriellen Basis, angehen. Insgesamt wird 2011 das Jahr der übertroffenen Erwartungen werden.

Frage: Viele Anleger wenden sich aber gerade jetzt von der Börse ab, wollen kein Risiko mehr.
Damm: Ich kann das verstehen. Aber es ist trotzdem falsch. Die Chancen überwiegen die Risiken gerade jetzt eindeutig. Außerdem stellt sich die Frage nach sicheren Investments. Was ist heute sicher? Geldmarktfonds, die weniger als die Inflation einspielen, also sicher an Realwert verlieren? Oder deutsche Staatsanleihen? Anleger, die jetzt dahinein investieren, können leicht 10 bis 20 Prozent im nächsten Jahr verlieren. Eine zehnjährige deutsche Staatsanleihe wird aktuell mit 30 Prozent über dem Rückzahlwert gehandelt. Da werden Korrekturen nicht ausbleiben. Auch Immobilien sind ein Beispiel. Undenkbare Kursverluste von zwanzig Prozent und mehr sind Realität geworden. Aus vielen der vormals sicheren offenen Immobilienfonds kommen die Anleger noch nicht einmal heraus.

Frage: Heißt die Alternative Aktie?
Hellmeyer: Der Index der führenden deutschen Unternehmen, DAX und der führende Index europäischer Aktien, Eurostoxx, bieten erstklassige Opportunitäten. Nehmen Sie den DAX. Schon jetzt, am Anfang des Konjunkturaufschwungs, haben die durchschnittlichen DAX-Werte einen Kurs, der dem zehnfachen des Gewinnes entspricht. Das ist günstig. Wenn die Gewinne steigen, sich verdoppeln, macht der Kurs nur noch das Fünffache des Gewinnes aus. Aktienkurse werden steigen. Wir sehen im Dax, der jetzt bei 6800 steht, ein Potenzial bis 8150 Punkte. Das entspricht einer Rendite von 20 bis 30 Prozent. Die Rückschlagsgefahr dürfte dagegen nur halb so groß sein. Tiefer als 6.000 Punkte wird der Index nicht sinken. Schon heute zahlen viele Unternehmen mehr an Dividende an Aktionäre als an Zinsen auf Anleihen.
Damm: Aufgrund der großartigen Wachstumszahlen und der guten Rahmenbedingungen – es gibt keine Schuldenproblematik, keine kriselnden Banken, sind für uns Schwellenländer noch attraktiver. Für viele Anleihen und Aktien erwarten wir 2011 zweistellige Renditen.

Frage: Was ist mit Rohstoffen?
Damm: Auch so ein Thema, das mit der industriellen Dynamik in den Schwellenländern an Fahrt gewinnt. Man sieht es ja deutlich: Um die Ressourcen der Welt hat ein regelrechter Wettlauf begonnen. Das wird die Preise nicht unberührt lassen.

Frage: Aber der Goldpreis wird sinken, wenn die Katastrophengefahr geringer wird, oder?
Damm: Unter den Edelmetallen könnte Silber im Verhältnis zu Gold in der Tat bald attraktiver werden. Silber ist stärker an den industriellen Zyklus gebunden.
Hellmeyer: Ich bin aus zwei Gründen auch für Gold optimistisch: Die Funktion als Katastrophenschutz wird meines Erachtens überschätzt. Gold profitiert auch, wenn Zentralbanken das Edelmetall wieder stärker in ihre Reserven einsetzen und es profitiert vom Aufschwung in den Schwellenländern, weil die dortige Bevölkerung mit wachsendem Wohlstand das Statussymbol Gold stark nachfragt.

Frage: Das hört sich insgesamt sehr optimistisch an.
Hellmeyer: Ich war schon für 2010 optimistisch und hatte Recht. Ich werde auch 2011 Recht haben.