Citywire Deutschland vom 23. März 2021:

Als er seine Firma gründete, durfte der gelernte Banker zwar keinen Kundenstamm von seinem vorherigen Arbeitgeber mitnehmen, dafür habe es für Vermögensverwalter im Freistaat wenig Konkurrenz.

Die DRH Vermögensverwaltung ist eins von wenigen unabhängigen Instituten ihrer Art in Sachsen. Lutz Hering hat die Firma als junger Mann mitge­gründet und leitet sie heute zusammen mit seinem Geschäftspartner. Zwar ist Hering ganz ein Kind seiner Heimat, auf DDR-Nostalgie reagiert der Enduro-Fan allerdings allergisch.

 

Zwickau ist eine Autostadt. Volkswagen betreibt im 90.000-Einwohner-Ort ein Werk mit rund 8000 Mitarbei­tern. August Horch gründete hier die Horch- und Audiwerke, und zu DDR-Zeiten wurde in Zwickau der Trabant gefertigt. Auch beim Motorradsport blickt die Gegend auf eine lange Tradition zurück. Insofern ist Lutz Hering ganz ein Kind seiner Heimat. Sein Wochenende ver­bringt er am liebsten in einer umgebauten Stellmacherei, die sich im Garten seines Einfamilienhauses befindet. Dort bastelt Hering an seinen Enduro-Motorrädern. Zur Zeit hat er davon insgesamt fünf. „Ich habe schon als Kind gerne an meinem Mofa geschraubt“, sagt Hering – und dass er gerne bei Enduro-Rennen mitfährt.

„Ich habe schon als Kind gerne an meinem Mofa geschraubt.“

Während der Woche trägt Hering aber keine Motorradklamotten, sondern Hemd und Anzug. Gemeinsam mit dem Mitgeschäftsführer und -gründer Marco Rumpf leitet Hering die DRH Vermögensverwaltung. 13 Mitarbeiter beschäftigt die Firma, die Niederlassungen in Zwickau und Dresden betreibt. Wie viel Kunden­vermögen die DRH verwaltet, verrät Hering nicht, wohl aber, dass sich die Zahl im dreistelligen Millionenbereich bewegt. Zu seinen Kunden gehören vor allem Stiftungen und vermögende Privatleute aus Sachsen, darunter auch viele Selbst­ständige und Firmeneigentümer aus dem Maschinenbau. Wie gesagt: Zwickau ist eine Autostadt.

 

Lust auf das eigene Unternehmen

Die DRH ist 1998 gegründet worden. Damals gehörte noch Rocco Damm zum Team – auf ihn geht das D im Namen zurück. 2016 stieg Damm aus der Firma aus, um die Dresdner Niederlassung für Reuss Private Deutschland aufzubauen und zu leiten. Kennengelernt hatten sich die drei Gründer bei der SchmidtBank, die früher Filialen in Nordbayern, Sachsen und Thüringen hatte und 1994 die Online-Bank Consors gründete.

Lutz Hering ist Mitgründer der DRH Vermögensverwaltung. Sein Hobby sind Enduro-Motorräder.

Hering hatte bei der SchmidtBank seit 1992 eine Ausbildung zum Bankkauf­mann absolviert und später noch eine Ausbildung zum Bankfachwirten mit Spezialisierung für Effekten draufgepackt. Von 1996 bis 1998 war er in der Kunden­beratung und -betreuung in Vermögens­angelegenheiten tätig, musste dort aber vor allem die hauseigenen Fonds der SchmidtBank-Tochter Franken-Invest an den Mann und an die Frau bringen. Auf sein eigenes Unternehmen hatte Hering auch deshalb Lust, weil er seinen Kunden eine breite Palette an Fonds unterschied­licher Asset Manager anbieten wollte. „Das war damals noch etwas Ungewöhnli­ches“, sagt Hering. Sein Mitstreiter Marco Rumpf arbeitete bei der SchmidtBank als Bereichsleiter Privatkunden in der Filiale Aue sowie drei weiteren angeschlossenen Filialen. Damm war Bereichsleiter für das Wertpapiergeschäft.

 

Allergisch gegen Ostalgie

Einfach hatten es die drei anfangs nicht, sagt Hering: „Für einen jungen Mann unter 30 war das schon ein großer Schritt.“ Kunden durften sie von der SchmidtBank nicht mitnehmen, das stellte ihr alter Arbeitgeber mit Briefen vom Anwalt klar. Immerhin: Viel Konkurrenz hatten die drei in Zwickau auch nicht. Bis heute sind Vermögensverwalter in Sachsen Mangel­ware, obwohl der Freistaat durchaus über eine dichte Industrielandschaft verfügt. „Immerhin haben wir den Vorteil, dass sich die Konkurrenz hier nicht so leicht hin ver­irrt“, sagt Hering mit leichter Ironie.

In einer alten Stellmacherei auf seinem Grundstück schraubt Hering an seinen Maschinen. Hier arbeitet er an einer Enduro des österreichischen Herstellers KTM.

Altes Geld wie in Westdeutschland gibt es in Zwickau und Dresden aber nicht. „Unsere Kunden haben sich ihren Wohl­stand hart erarbeitet, denen wurde nichts geschenkt, und sie sind stolz auf das, was sie sich aus dem Nichts aufgebaut haben – diese Geschichte haben wir mit ihnen gemeinsam“, sagt Hering. Das gilt bei vielen auch für die Kindheit und Jugend in der DDR. Als die Mauer fiel, war Hering gerade einmal 18 Jahre. „So eine Bio­graphie verbindet natürlich“, sagt Hering, stellt aber klar, dass er dem real existie­renden Sozialismus nicht hinterher trauert. „Auf Ostalgie reagiere ich allergisch. Die Kindergärten und der grüne Pfeil mögen ja gut gewesen sein, aber da hört es für mich auch schon auf. Die DDR war ein Unrechtssystem, das sage ich auch immer meinem Sohn“, sagt Hering, dessen Sohn Paul 15 Jahre alt ist und wie sein Vater gerne an Motorrädern schraubt. Herings Tochter Selma ist acht.

 

Investitionen in Digitalisierung

Schritt für Schritt haben Rumpf und Hering erst mit und später ohne Damm ihr Unter­nehmen auf- und ausgebaut. 2005 haben sie ihre zweite Niederlassung in Dresden eröffnet. Hier liegt heute auch der Haupt­sitz der Firma, schließlich ist Dresden sechsmal so groß wie Zwickau. Zur Zeit gilt das Hauptaugenmerk der beiden der Digitalisierung. Ein ehemaliger Werkstu­dent, der bald sein Masterstudium in Wirt­schaftsinformatik abschließt, soll sich in Zukunft um IT-Fragen kümmern. Außerdem hat die DRH gerade einen Spezialisten im Bereich Prozess- und Projektmanagement eingestellt. „Wir sind in Sachen Digitalisie­rung gut aufgestellt, uns ist aber auch klar, dass wir in diesem Bereich weiter stark investieren müssen“, sagt Hering. Zudem absolvierte Hering 2019 eine Zusatzquali­fikation zum Family Officer. „Themen wie ganzheitliche Vermögensbildung und Unternehmensnachfolge werden bei unse­ren Kunden immer wichtiger. Wir möchten ihnen zur Seite stehen, wenn sie ihre Firma an die nächste Generation weitergeben oder verkaufen wollen“, sagt er.

„Wir müssen auch nicht jeden Trend mitmachen.“

Sein Kollege Rumpf kümmert sich vor allem um die Beratung von Mandanten und sitzt, wenn nicht gerade eine Pande­mie durchs Land wütet, oft im Auto, um Kunden zu besuchen. „Wir sprechen oft mit unseren Kunden und versuchen, sie so oft wie möglich persönlich zu sehen – auch dann, wenn es einmal nicht so gut im Portfolio läuft“, sagt Hering. Auch er betreut eigene Mandanten und über­nimmt daneben das Portfoliomanagement. Als eher konservativ beschreibt er den Investment-Stil der DRH. Ihm gefällt der Value-Investing-2.0-Ansatz von Hendrik Leber von Acatis, der den Value-Gedanken mit einem Qualitätsansatz verbindet und nicht allein auf die Bewertung einer Aktie schielt. Herings Kunden können zwischen fünf Strategien wählen. Hinzu kommen individuelle Investments, sofern der Kunde dies wünscht. Aktuell treiben Hering mehrere Investmentthemen um. Da ist erst einmal das Großthema Disruption, das er zum Beispiel mit dem Phaidros Funds Schumpeter Aktien von Eyb & Wallwitz und dem GAM Star Disruptive Growth abdeckt; dann das Thema Gesundheit mit dem Medical BioHealth, dem Bellevue Funds (Lux) BB Adamant Digital Health und dem Bellevue Funds (Lux) BB Adamant Medtech & Services. Und schließlich haben es ihm zwei China-Fonds von J.P. Morgan Asset Managment angetan: der JPM China und der JPM China A-Share Opportunities. „Wir müssen aber auch nicht jeden Trend mit­machen“, sagt Hering.

 

Soziales Engagement in der Region

Eine Besonderheit der Firma ist das, was Hering „bürgerschaftliches Engagement“ nennt. Über die DRH Stiftung Kinderhilfe unterstützt das Unternehmen seit 2007 sozial benachteiligte Kinder und Jugend­liche in der Region. Im von der DRH organisierten Liedersalon singen Solisten des Semperoper-Ensembles, und die Erlöse fließen in die Kinderhilfe. Last, but not least hat die DRH 2003 den Dresdner Salon ins Leben gerufen – eine Veranstal­tungsreihe mit Podiumsdiskussionen, an denen schon Prominente wie Richard von Weizsäcker, Wolfgang Schäuble, Franz Müntefering, aber auch Peter Maffay oder Uli Hoeneß teilgenommen haben. Neben­bei dient das Forum natürlich auch der Kontaktpflege.

Wenn die Zeit es zulässt, fährt Hering bei Motorradrennen mit.

Auch in Zwickau organisiert die DRH eigene Veranstaltungen. Der Firmensitz hat neben den Geschäftsräumen auch eine Ausstellungsfläche für Autoklassi­ker wie einen Wanderer aus den 1930er Jahren, einen DKW oder verschiedene Baureihen des Porsche 911. Daneben gibt es verschiedene Veranstaltungsräume und für die Verköstigung eine Küchenin­sel. „Wir sitzen hier im Gewerbegebiet, da haben wir für solche Events auch genug Platz“, sagt Hering.

 

Erholung in Matsch und Staub

Das Kontrastprogramm zum Rummel im Job ist die Stellmacherei. Rund 200 Qua­dratmeter ist das Gebäude groß und wurde 1945 kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut. Als Hering und seine Familie 2007 auf der Suche nach einem Einfamilienhaus waren, entdeckten sie das Grundstück in einem Vorort von Zwickau. „Wir haben uns das Haus auch wegen der Stellmacherei gekauft“, sagt Hering. Neben den Motorrädern stehen hier sieben Fahrräder und vier Autos.

„Ich gehe gerne körperlich an meine Grenzen.“

Und wenn die Zeit es zulässt, schnappt er sich eine seiner Maschinen und fährt bei Enduro-Rennen mit. Mit 27 legte er sich zum ersten Mal ein solches Motor­rad zu und fährt seitdem, wann immer es geht, bei Wettbewerben mit. Der Höhepunkt jeder Saison ist die Deutsche Meisterschaft. „Da geht’s nicht darum zu gewinnen, ich habe ja gar keine Chance“, sagt Hering. Aber er mag die Atmosphäre, das Zusammensein mit anderen Motor­sportfans, die körperliche Anstrengung, den Matsch und den Staub. „Das ist ein Sport, der den ganzen Körper fordert“, sagt er. „Ich gehe gerne körperlich an meine Grenzen.“

 

Von Serge Debrebant · Fotos: © Citywire GmbH · Der Artikel erschien zuerst in der März-Ausgabe des Citywire-Deutschland-Magazins.

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