Private Banker, Interview mit Marco Rumpf:
Corona und die Branche der unabhängigen Vermögensverwaltung
Die Corona-Krise hat uns alle im Griff. Was bedeutet der Einschnitt für die Gegenwart und Zukunft der unabhängigen Vermögensverwaltung? Ein Gespräch mit dem Dresdner Vermögensverwalter Marco Rumpf (DRH).
Was bedeutet Corona für die Branche der unabhängigen Vermögensverwaltung?
Die Corona-Krise ist für uns alle privat und geschäftlich eine gänzlich neue Herausforderung. Das Wichtigste nach der Gesundheit: Wir müssen die Depots unserer Kunden durch diese Krise ohne große Beschädigungen bringen.
Ist das bislang gelungen?
Der Durchschnitt der von uns betreuten Depots liegt 2020 im einstelligen Minus. Damit haben wir noch die Hoffnung auf eine schwarze Null in diesem Jahr. Aber dazu muss man die Märkte sehr genau beobachten und aktiv agieren.
Haben Sie in Richtung mehr Anleihen und mehr Gold umgeschichtet?
Nein und Ja. Anleihen sind für uns kein Lösung des Problems. Deren Anteil haben wir auf aktuell dreißig Prozent abgesenkt. Viele Anleihen haben mehr verloren als Aktien. Dazu kommt die eingeschränkte Liquidität gerade in Krisenzeiten. Nein, wir wollen Substanz und Qualität. Gold ist deswegen Teil der Lösung mit einem Anteil von 20 Prozent.
Wie gehen die Kunden mit der Corona-Krise um?
Diese Krise ist einzigartig. Sie betrifft jeden und niemand ist schuld. Das ist der Unterschied etwa zur Finanzkrise, in der nicht jeder betroffen war und der „gierige“ Finanzsektor verantwortlich gemacht wurde. Da sind teilweise auch wir Finanzdienstleister in Mithaftung genommen worden. Jetzt ist niemand schuld und wohl auch deswegen erleben wir bei unseren Kunden viel Verständnis.
Wie wird die Branche der unabhängigen Vermögensverwaltung aus dieser Krise hervorgehen?
Für die Branche der unabhängigen Vermögensverwalter, die ja vergleichsweise jung und bei Vielen noch gänzlich unbekannt ist, kann das eine Chance sein, die wir wahrnehmen sollten.
Warum Chance?
Zum einen, weil in solchen Zeiten für Menschen, die viel Geld, aber wenig Zeit haben, klar ist, dass sie jemanden brauchen, der sie durch die Krise schleust. Zum anderen können Banken diese Funktionen in ihrer jetzigen Verfassung kaum ausfüllen. Die meisten von Ihnen schwanken – Corona hin, Corona her – einer ungewissen Zukunft entgegen, sie suchen und ändern dauernd ihre Geschäftsmodelle und sie stehen unter einem enormen Sparzwang, der sich insbesondere auf die Personalstabilität negativ auswirkt. Das ist keine Basis für ein gutes Private Banking.
Aber ist der Bankensektor nicht eine bekannte Institution, auf die man in solchen Zeiten lieber zurückgreift, als Neues auszuprobieren?
Seien wir ehrlich: Die Banken von heute haben mit denen von vor zehn oder zwanzig Jahren nicht mehr viel zu tun. Sie sind keine gesunden Boliden mehr, die über große Macht im Wirtschaftsleben verfügen. Es sind schwankende Institutionen, die mit aller Macht versuchen, Personal los zu werden, digitaler zu werden, standardisierter zu agieren. Das ist das Gegenteil von dem einstigen Service-Anspruch. Wenn Banken heute als Reaktion auf die Krise etwa die Beleihungsgrenzen für Wertpapiere drastisch senken und damit den Spielraum für Vermögende genau in dem Augenblick verringern, in dem die einen bräuchten, dann zerstört das Vertrauen. Kunden schätzen es nicht, dass Banken bei Regen die Schirme einziehen, Personal abbauen, Beleihungsgrenzen verringern.
Wie können das Unabhängige nutzen?
Wir profitieren ja zum Beispiel ganz unmittelbar von dem Bankenverhalten durch das reichhaltige Personalangebot. Wir könnten sofort erfahrene Banker einstellen, die langjährige Kundenbeziehungen vorweisen können. Übrigens verzeichneten wir zu Jahresbeginn den größten Mittelzufluss unserer Unternehmensgeschichte.
Müssen Unabhängige digitales Banking voranbringen?
Die Krise zeigt für mich: Ohne persönliche Kontakte geht es in unserem Geschäft nicht. Während im Restaurantbereich Lieferdienste und im Gesundheitswesen Online-Apotheken etc. boomen, ist in der Vermögensverwaltung von einem Schub des digitalen Angebotes nichts zu spüren. Hier findet – gerade in und durch die Krise – eine Rückbesinnung auf den Wert persönlicher Kontakte statt. Das ist gut für unabhängige Vermögensverwalter.
Tut mehr Kooperation not?
In dieser Krise rücken – wenn auch hoffentlich vorerst nur virtuell – Alle enger zusammen. Wir merken das etwa durch die Anzahl von Webinaren und Onlinekonferenzen, zu denen wir von Kollegen eingeladen werden. Wir suchen nach sinnvollen Kooperationsmöglichkeiten, ja.
Quelle: www.private-banker.online