Die weltweiten Finanzmärkte wurden Anfang April von einem Ereignis überrascht, das in seiner Tragweite nicht zu unterschätzen ist: US-Präsident Donald Trump erklärte am 2. April 2025 den sogenannten „Befreiungstag“ der amerikanischen Handelspolitik und kündigte eine weitreichende Zolloffensive an. Neben pauschalen Importzöllen auf alle Waren trifft es vor allem ausgewählte Länder und Sektoren deutlich härter: Auf chinesische Exporte werden künftig deutlich erhöhte Zölle erhoben, ebenso auf Autos – auch aus Deutschland. Europa, Indien, Vietnam und andere Staaten stehen ebenfalls auf der Liste. Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten: Gegenmaßnahmen wurden angekündigt, diplomatische Spannungen steigen, und die Märkte reagierten mit Nervosität. Für exportorientierte Unternehmen, insbesondere in der Automobilbranche, stellen diese Maßnahmen ein spürbares Risiko dar. Zugleich eröffnen sich Chancen für stärker binnenmarktorientierte Geschäftsmodelle und rohstoffnahe Sektoren, etwa Infrastruktur, Energie oder ausgewählte Technologietitel. Auch aus geldpolitischer Sicht sind die neuen Zölle relevant, da sie möglicherweise preistreibend wirken und die US-Notenbank zu einem vorsichtigeren Zinspfad zwingen könnten.
Betrachtet man die Maßnahme aus einer strategischen Perspektive, so lässt sich Trumps Vorgehen auch als gezieltes Signal an die US-Notenbank interpretieren. Die fiskal- und geldpolitischen Rahmenbedingungen deuten darauf hin, dass er ein Umfeld schaffen möchte, das Zinssenkungen politisch wie ökonomisch erleichtert. Tatsächlich stieg nach der Ankündigung die Erwartung an weitere Zinssenkungen in diesem Jahr spürbar an (siehe Abb. 1). Das aktuelle CME FedWatch-Tool zeigt auf, dass der Markt für 2025 derzeit von mehreren Zinsschritten ausgeht.
Am 09. April folgte dann eine überraschende Entschärfung: Präsident Trump kündigte an, die geplanten Strafzollerhöhungen auf Importe – mit Ausnahme Chinas – für 90 Tage auszusetzen. Die Kapitalmärkte reagierten umgehend mit deutlichen, historisch einmaligen Kursgewinnen, insbesondere in zuvor belasteten Sektoren wie Tech und Automobilindustrie. Analysten werten die Maßnahme als taktisches Entspannungssignal mit politischem Kalkül. Sie mildert kurzfristige Inflationsrisiken, stützt die Erwartung baldiger Zinssenkungen und verschafft der US-Notenbank zusätzlichen Spielraum – ohne den grundsätzlichen Kurs einer konfrontativen Handelspolitik aufzugeben.

Abb. 1: Wahrscheinlichkeit weiterer Zinsschritte der amerikanischen Notenbank FED – Stand 10.04.2025
Auch die Entwicklung am Anleihemarkt bestätigt diese Erwartung: Die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen, ein zentraler Referenzwert für Unternehmensfinanzierungen, sind gefallen – begleitet von einer spürbaren Abwertung des US-Dollars. Gleichzeitig steht die US-Staatsfinanzierung vor einer großen Herausforderung: In den kommenden Quartalen müssen rund sieben bis neun Billionen Dollar refinanziert werden. Schon geringfügige Zinssenkungen könnten die Kosten dafür signifikant reduzieren – ein nicht zu unterschätzender Anreiz für eine expansive Geldpolitik.
Die Signale für eine geldpolitische Wende hatten sich unlängst bereits auch auf andere Weise angekündigt: In einer Rede Anfang März äußerte sich Jerome Powell, Vorsitzender der US-Notenbank, verhalten optimistisch. Die Inflation sei auf dem Rückzug, der Arbeitsmarkt stabil – man habe substanzielle Fortschritte erzielt. Zwar betonte Powell, dass die Fed weiterhin datenabhängig agiere und kein voreiliges Handeln anstrebe, doch zwischen den Zeilen war eine klar dovishe (zurückhaltende) Tendenz spürbar. In einem Umfeld rückläufiger Inflation und schwächerer Industrieindikatoren wirkt eine moderate Lockerung geldpolitisch nachvollziehbar – nicht zuletzt, um negativen Konjunkturimpulsen, etwa infolge der eingangs beschriebenen Handelshürden, frühzeitig zu begegnen.
Ebenso relevant für die Einschätzung der künftigen Entwicklung sind dabei liquide Anlageklassen mit begrenztem Angebot. Historisch zeigt sich eine enge Korrelation zwischen der Entwicklung der Geldmenge M2 und dem Verhalten knapper Güter wie Bitcoin, Gold und Aktien. Die US-Geldmenge M2 ist nach der massiven Schrumpfung 2022/23 zuletzt wieder moderat gewachsen. Ende Februar lag sie um etwa 3,9 % über dem Vorjahreswert – noch nicht dramatisch, aber richtungsweisend. Dieser Trend lässt sich bereits in den Preisen der genannten Assets ablesen: Bitcoin hat sich über der Marke von 80.000 US-Dollar etabliert, Gold markierte Ende März ein neues Allzeithoch oberhalb von 3.000 US-Dollar, und auch die Aktienmärkte – allen voran der S&P 500 – zeigten sich vor kurzem noch stabil nahe ihrer historischen Höchststände. Sollte sich die Liquiditätszufuhr weiter verstärken – etwa durch die erwarteten Zinssenkungen oder gezielte Fiskalprogramme – dürfte dies knappen Gütern weiteren Rückenwind geben. Gerade in Zeiten wachsender geopolitischer Unsicherheiten fungieren begrenzte Assets nicht nur als inflationsresistente Wertaufbewahrung, sondern zunehmend auch als geopolitischer Hedge.
Ein wichtiger Aspekt für die Einschätzung geldpolitischer Spielräume ist der tatsächliche Inflationsdruck. Während der offizielle Verbraucherpreisindex (CPI) in den USA im Februar bei etwa 2,8 % lag, signalisiert der alternative Trueflation-Index bereits deutlich niedrigere Werte – aktuell bei etwa 1,4 %. Dieser Echtzeitindikator nutzt aktuelle Preisdaten aus Millionen von Quellen, darunter Mieten, Onlinehandel, Energie und Dienstleistungen. Anders als der CPI, der mit systembedingter Verzögerung auf Veränderungen im Mietmarkt reagiert, bildet Trueflation diese Dynamik schneller ab. Zwar korrelieren beide Indizes langfristig eng, doch in der aktuellen Phase liefert Trueflation ein klareres Bild: Die Preisstabilität ist womöglich näher am Ziel der Notenbank, als es die offiziellen Daten vermuten lassen. Diese Differenz kann aus geldpolitischer Sicht den Ausschlag geben – denn sie stärkt das Argument, dass ein Beginn der Zinswende vertretbar ist, ohne Preisstabilität zu gefährden. Dies wird aus unserer Sicht durch die am 10.04.2025 veröffentlichten CPI-Daten für März 2025 mit 2,4% weiter gestützt.
Vor diesem Hintergrund stellt sich für viele Anleger die Frage: Ist jetzt der richtige Zeitpunkt zum Investieren – oder lieber abwarten? Unsere Antwort darauf lautet seit jeher: „Timing is a bet“. Studien belegen immer wieder, dass langfristiger Erfolg an den Kapitalmärkten nicht vom perfekten Einstiegszeitpunkt abhängt, sondern von der Dauer und Konsequenz der Beteiligung.

Abb. 2: Seit 1980 erzielte der S&P 500 eine annualisierte Gesamtrendite von 12,1 % – trotz durchschnittlicher Rücksetzer von -14,1 % innerhalb eines Jahres
Selbst Anleger mit idealem Markttiming – also Investitionen genau an den Tiefpunkten großer Korrekturen – schnitten langfristig nachweislich schlechter ab als jene, die einfach regelmäßig investiert haben. Wer hingegen aus Angst vor Rückschlägen wartet, bis neue Hochs erreicht werden, verliert noch mehr Ertrag. Entscheidend ist also nicht, wann man investiert, sondern dass man investiert ist und bleibt. Für unsere vorwiegend langfristig orientierten Kunden bedeutet das: Geduld, Disziplin und eine fundierte, qualitätsorientierte Asset-Allokation bleiben das Fundament einer erfolgreichen Vermögensstrategie – auch (und gerade) in bewegten Zeiten wie diesen.
Am Ende ist und bleibt die zentrale Frage: Rechtfertigt die Strategie des amtierenden US-Präsidenten das Risiko einer neuen globalen Rezession? Wir sind der Meinung, dass nun der Zeitpunkt für lösungsorientierte Verhandlungen gekommen ist. Nur ein multilateraler Dialog kann sicherstellen, dass wirtschaftliche Interessen nicht zulasten globaler Stabilität durchgesetzt werden.
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